Finale

Mit zwei exklusiven Interviews ehrt Procycling die beiden Klassiker-Stars, die eine ganze Generation geprägt haben.

 

Fabian Cancellara hat, wenn er auf seinem Rennrad sitzt, etwas sehr Solides an sich. Mächtige Oberschenkel, dicke Unterschenkel, großer Hintern, kräftiger Torso, breite Schultern. Zeitfahrposition: flüssig/solide. Wenn er klettert, bleibt er im Sattel, mit den Händen packt er den Lenker ganz außen an. Vielleicht öffnet das die Lunge ein bisschen; da ist ein fast nicht wahrnehmbarer Schub in seinem Oberkörper bei jeder Pedalumdrehung, obwohl – wenn er sich wirklich ins Zeug legt, wackelt er sichtbar. Er bleibt auch oft im Sattel, wenn er sprintet, die Hände immer auf den Bremsgriffen. Es widerspricht allen Regeln des Sprintens, aber bei ihm funktioniert es: Schon 2004, als junger Fahrer – von Fassa Bortolo angeheuert, um eine Lokomotive in Alessandro Petacchis Sprintzug zu sein – schlug er Erik Zabel im Massensprint bei der Setmana Catalana. Wenn er nicht auf dem Rad sitzt, ist er anders. Er sieht schlanker und langgliedriger aus, wenn er nicht fährt. Verglichen mit seinen Kollegen ist er gut gebaut, aber in der echten Welt hebt er sich körperlich nicht so ab. Er ist groß, aber nicht voluminös: schlanke Taille, langer Rücken und lange Arme sowie eine sehr, sehr gute Haltung.

Die Haltung ist teils Ausdruck seiner Kraft und Physiologie, aber vor allem eines Selbstbewusstseins, das enorm ist. Cancellara ist im Leben wie bei den Radrennen: Er fügt sich nicht, verhandelt nicht und geht keine Kompromisse ein; er ordnet an. Man sieht an der Art, wie er mit den Leuten beim Trek-Segafredo-Trainingslager in L’Alfàs del Pi bei Benidorm umgeht, und an der Art, wie die Leute ihn behandeln, dass er Kapitän ist. Dröhnende Stimme, bestimmtes Auftreten – er fühlt sich wohl als Nabel der Welt. Die Teammitarbeiter fügen sich ihm, ebenso andere Fahrer, Hotelangestellte und Journalisten. Er ist ein angenehmer Gesellschafter, vor allem, wenn er guter Laune ist, aber es gibt immer eine unausgesprochene, stille Anspannung, kaum wahrnehmbar. Bei Cancellara muss alles stimmen und das erzeugt seinen eigenen unterschwelligen Stress. Dies hat auch einen der beeindruckendsten Palmarès hervorgebracht, den man je im Radsport gesehen hat. Wenn alles stimmt, gewinnt Cancellara Radrennen. Aber nicht mehr lang. Cancellara beendet Ende 2016 seine Karriere – nach 16 Jahren als Profi und einer außergewöhnlichen Bilanz. Er bereitet sich auf einen letzten Anlauf auf die Klassiker vor, eine letzte Offensive bei der Tour de France (kein frühes Zeitfahren und daher vielleicht keine Chance, noch einen draufzusetzen auf die 29 Tage, die er in Gelb verbracht hat, ein Rekord für einen Fahrer, der das Rennen nicht gewonnen hat) und vielleicht auf einen letzten Angriff bei der Zeitfahrweltmeisterschaft, ein Event, bei dem seine Bilanz beispiellos ist – vier Siege und neunmal Top Ten.

Vor unserem Gespräch schärft Tim Vandejeugd, der Trek-Pressesprecher, uns allerdings ein, dass Cancellaras Karriereende nicht bedeutet, dass er eine Ehrenrunde dreht. Die Abschieds-Tour ist keine Abschieds-Tour, aber wenn ich Radsportfan wäre, würde ich versuchen, ihn in dieser Saison so oft wie möglich zu sehen, nur um sagen zu können, dass ich dabei war. Einen wie ihn haben wir Jahre nicht gesehen und es könnte eine Weile dauern, bis wir wieder so jemanden erleben. An der Hotelbar, wo er eine chocolate caliente trinkt, die er mit einem dröhnenden Ruf quer durch den Raum bestellt hat, blättert Cancellara einige alte Zeitschriften durch, die ich mitgebracht habe – mit verschiedenen Interviews mit ihm im Laufe der Jahre, mit Listen seiner Resultate, Jahr für Jahr seit 2000. Er interessiert sich für die Fotografien und rupft ein kleines Hühnchen mit mir, weil in einem der letzten Hefte eine falsche Angabe über ihn aufgetaucht ist. Er kennt seine eigene Karriere sehr gut: „2000“, sagt er und zeigt auf den vierten Platz auf einer der bedruckten Seiten. „Der GP d’Europa. Das war ein Zeitfahren, ein Paarzeitfahren mit [Daniele] Nardello.“ Cancellara wird wegen seiner Zeitfahrsiege und der Gelben Trikots in Erinnerung bleiben. Aber am besten zum Ausdruck kam sein Talent immer bei den Frühjahrsklassikern, speziell bei denen mit Kopfsteinpflaster, obwohl er auch eine sehr gute Bilanz, darunter einen Sieg, bei Mailand – San Remo hat.

„Mein Verhältnis zu den Pflastersteinen“, sagt er. „Ich sage nicht, dass ich sie liebe. Ich mag sie“ – er betont das Wort „mag“ – „wegen der Leidenschaft. So vieles bei diesen Rennen. Schwer und Drama und Leidenschaft und Geschichte und Emotionen. Es ist dieser eine schwere Tag, wo alles zu 100 Prozent stimmen muss.“ Also nicht nur Leidenschaft, sondern auch Exaktheit. Dann fügt er hinzu: „Aber ich habe das erste Rennen auf dem Pavé von Roubaix gehasst [2003]. Ich habe aufgegeben, aber es war eine schlechte Aufgabe – in der Verpflegungszone. Ich hatte die falsche Einstellung.“ Sein erstes Paris – Roubaix mag entmutigend für Cancellara gewesen sein, aber er holte schnell auf. 2004 war er Vierter, 2005 Achter und 2006 gewann er das Rennen. Aber seine Beziehung zu dem anderen Rennen, das seine Karriere definiert hat, die Flandern-Rundfahrt, ist komplexer. Ich habe eine Theorie, die gelegentlich von Fahrern wie Tiesj Benoot und Peter Sagan widerlegt wird, dass Flandern eines der notleidendsten, aufmerksamkeitsforderndsten und eifersüchtigsten Rennen auf dem Kalender ist. Für viele Rennen brauchen Fahrer einfach nur stark zu werden, dann können sie ein Faktor sein, ob es bei den hügeligen Klassikern oder Paris – Roubaix ist. Aber die Flandern-Rundfahrt erfordert auch hart erarbeitete Erfahrung. Es gibt keine andere Art zu lernen, wie die Strecke, der Wind, die Straßenbeschaffenheit, die Dynamik des Rennens und die Hindernisse zusammenspielen, als das Rennen viele Male zu fahren. Ich habe Cancellaras Resultate auf meinem Schreibblock notiert und eine Linie zwischen 2003 bis 2009 und 2010 bis 2014 gezogen. Die Resultate des Schweizers bei den ersten sieben Teilnahmen an dem Rennen waren 73., 41., 62., Sechster, 53., 23. und Aufgabe. Eine ziemlich durchschnittliche Reihe von Ergebnissen, und diese Resultate deuteten nicht an, was folgen sollte. Er verbesserte sich: 2007 attackierte er auf den letzten 30 Kilometern, wurde aber gestellt. 2009 ging er mit schlechter Form und Moral in die Saison, dann riss ihm die Kette und er wurde gefilmt, wie er den Koppenberg runtergeht, das Rad geschultert – in entgegengesetzter Richtung des Rennens. Eine passendere Metapher für sein damaliges Frühjahr hätte man nicht finden können. Paris – Roubaix war nicht besser. Er fragt: „Wo war ich?“ und ich sage ihm, dass er 49. war. „Boah“, entgegnet er. „Heilige Scheiße.“

Es gibt etwas an Fabian Cancellara, das man nicht wissen kann. Sein Twitter-Feed ist ein unterhaltsamer Mix aus beliebigen Bemerkungen, unabsichtlicher Selbstgefälligkeit, Positivität und unlogischen Sätzen, alle in dem fast korrekten Englisch verfasst, das charakteristisch für den Schweizer Fahrer ist und auch liebevoll „Fabianesisch“ genannt wird. Pressesprecher Vandejeugd hat eine andere Theorie über Cancellara: dass seine Persönlichkeit sich ändert, je nachdem, welche Sprache er spricht. Er ist „hemmungslos auf Italienisch, irgendwie lauwarm auf Französisch und Spanisch, analytisch und esoterisch auf Englisch und superb auf (Schweizer) Deutsch.“ All das macht ihn ungemein beliebt bei den Fans, die sein Fabianesisch ebenso amüsant finden wie das, was er sagt. Aber beliebt zu sein, ist nicht dasselbe wie gekannt oder verstanden zu werden. Oft hervorgehoben – sowohl von Cancellara als auch von seinen Fans – wurde seine gladiatorenhafte Art. Er mag seinen Spitznamen „Spartakus“, aber obwohl sein Kampfgeist ein Plus ist, ist es nicht der Hauptgrund, warum er ein so herausragender Rennfahrer ist. Ja, Cancellara ist ein Gladiator auf der Straße und seine Attacken sind vernichtend. Aber er ist auch sehr ernsthaft, humorlos, ein bisschen egoistisch, selbstbezogen, eitel (er ließ uns 30 Minuten warten, bis wir die Fotos schießen konnten, während er sich die Haare machte, obwohl das vielleicht ein Insiderwitz des Teams war), wahrscheinlich zwangsneurotischer als der Durchschnitt und ich glaube nicht, dass er ein sehr guter Verlierer ist. Bei der Flandern-Rundfahrt 2011 von Nick Nuyens geschlagen, war Cancellaras Interview nach dem Rennen eine Kombination aus Selbstmitleid, halben Entschuldigungen und Vorwürfen. Keines dieser Dinge macht unbedingt Spaß, aber sie tragen extrem effektiv dazu bei, Cancellara zu einem der fünf oder sechs besten Klassiker-Spezialisten in der Geschichte des Radsports zu machen.

Die Widersprüche selbst sind interessant und eine Manifestation eines kosmopolitischen Hintergrunds mit verschiedenen Kulturen. Sein Vater Giovanni ist Süditaliener und in die Schweiz emigriert – Cancellara hat etwas von dem Klischee des ordentlichen, organisierten und pingeligen Schweizers, aber auch das Feuer, die Leidenschaft und Eitelkeit des Bilderbuch-Italieners. Welche Seite überwiegt? Beide, aber es ist bezeichnend, dass Cancellara sein Schweizer Domizil im deutschsprachigen Bern und nicht näher an der italienischen Grenze hat. Aber das ist Fabian Cancellara, der Rennfahrer. Er hat mir einmal gesagt, dass er „an“ oder „aus“ ist, was heißt, dass der Fokus, das Pingelige, der Perfektionismus und die Selbstbezogenheit, ohne die er kein solcher Champion wäre, vorübergehend sind. Die Schlussfolgerung ist: Wenn er „ausgeschaltet“ ist, ist er wahrscheinlich umgänglicher. Wenn er „eingeschaltet“ ist, sagen seine Teamkollegen, nimmt er sie hart ran – wenn es Zeit zum Arbeiten ist, müssen sie in ihrem Job ans Limit gehen und alles aus sich herausholen, damit er seinen Job machen und alles aus sich herausholen kann, und er ist streng zu ihnen. Sogar Cancellara selbst unterscheidet zwischen Cancellara, dem Rennfahrer, und Cancellara, dem Menschen.

 

Alles lief perfekt für Cancellara bei den Klassikern 2010. Die lange Serie von mittelmäßigen Plätzen bei der Flandern-Rundfahrt wurde abgelöst von einer Reihe beeindruckender Resultate: Erster, Dritter, Erster und Erster, mit einer Aufgabe aufgrund einer Schlüsselbeinfraktur mittendrin, im Jahr 2012. „Es hat lange gedauert, bis ich die Flandern-Rundfahrt gewonnen habe. Ich habe aus meinen Fehlern bei dem Rennen gelernt, aber es in deinen ersten drei Jahren dort zu gewinnen, ist schwer“, sagt er. „Aber in den Jahren“, fügt er unter Verweis auf 2010 bis 2014 hinzu, „habe ich entweder gewonnen oder war nicht da. Selbst bei meiner Aufgabe [2012] hätte das auch ein erster Platz sein können. Ich meine, ich war so gut.“
Wie gut ist Cancellara? Ich habe ein Mengendiagramm mit drei Kreisen in mein Notizbuch gezeichnet, in denen „Team“, „physische Stärke“ und „Taktik“ steht, und ich frage ihn, was für eine Kombination seine Siege dort waren. „Aus allem und ich glaube, du kannst mentale Stärke hinzufügen. Ich habe manchmal mehr von dem einen oder dem anderen, aber letztlich muss es ausgewogen sein. Der Mittelweg ist der Schlüssel. Der ideale Plan hängt immer von den anderen Rivalen ab, aber wir fixieren uns nicht auf sie. Wir schauen auf unsere Stärke, unser Ziel und unsere Mission. Unsere Mission ist zu gewinnen und wir stellen unsere Taktik darauf ein und teilen uns die Arbeit, die wir machen müssen. Wie ist das Wetter? Wie viele Rivalen sind da? Wie gut ist deine Form?“

Es wurde in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Cancellara manchmal etwas stärker in den Beinen als im Kopf war. Taktisch hat er sich aufgrund seiner enormen physischen Kraft oft eine Blöße gegeben. Er ist ein physisch furchtloser Fahrer, aber ich frage mich, ob diese Furchtlosigkeit aus einem Mangel an Ideen erwuchs. Cancellara ist ein Fahrer, der ein Rennen allein mit seiner physischen Kraft gestalten kann, aber die Kehrseite davon ist, dass andere Fahrer ihr Rennen auf seines ausrichten. Manchmal ist der Preis für die Neutralisierung von Cancellara die Niederlage, aber das zeigt nur, wie einflussreich er ist. Bei einem berühmten Wortwechsel zwischen Quick-Step-Sportdirektor Wilfried Peeters und dem Leopard-Mannschaftswagen während der „Ronde“ 2011, als der Quick-Step-Fahrer Sylvain Chavanel fest an Cancellaras Hinterrad klebte, als die beiden sich abgesetzt hatten, weigerte sich Peeters, Chavanel zur Mitarbeit aufzufordern. „Dein Junge ist zu stark, was?“, fragte er ein wenig rhetorisch. Beispiele für Cancellaras taktische Schwäche gibt es viele. Die Flandern-Rundfahrt 2011: Er attackierte, während Chavanel in seinem Windschatten war. Paris – Roubaix 2011: Garmin attackierte ihn, einer nach dem anderen, und er war es schließlich leid, darauf zu reagieren, während die Aufholjagd an ihm hängenblieb. Mailand – San Remo 2012: Er zog Simon Gerrans mit ins Ziel (Punkt eins der Mannschaftsbesprechung bei jedem hügeligen Klassiker sollte sein: Zieh Simon Gerrans nicht mit ins Ziel). Mailand – San Remo 2013: Er ließ sich auf einen kleinen psychologischen Kampf mit Peter Sagan ein, während der von ihm unterschätzte Gerald Ciolek ruhig im Windschatten blieb und im Sprint an beiden vorbeischoss.

Aber da ist auch die Flandern-Rundfahrt 2014, wo er mit Greg Van Avermaet, Sep Vanmarcke und Stijn Vandenbergh attackierte und sie großartig gegeneinander ausspielte. Ich frage ihn, ob er taktisch gut ist. „Gut? Ähm, ich bin nicht schlecht. 2014 wäre ich fast zurückgefallen, aber am Ende waren es drei Belgier und ich und ich hatte das Rennen schon gewonnen und sie nicht. Das ist eine Taktik. Alles, was ich wollte, war, mit ihnen zusammen zum Sprint zu kommen. Das war meine Mission bei dem Rennen, von dem Moment, wo wir zusammenkamen, bis zur Ziellinie.“ Am Ende kam der entscheidende Moment, als sich eine Lücke zwischen Vandenbergh und Van Avermaet sowie Cancellara und Vanmarcke auftat. Cancellara ging kurz hinterher und nahm dann raus, in dem Wissen, dass Vanmarcke den Job zu Ende machen musste, wenn er das Rennen nicht verlieren wollte. Cancellara tat nichts, also musste Vanmarcke die Verfolgungsarbeit machen. Cancellara hatte Vanmarcke in eine Position gezwungen, wo er die Wahl hatte zwischen „auf jeden Fall verlieren“ oder „wahrscheinlich verlieren“. Der Belgier entschied sich für Letzteres. Aber Cancellara verlässt sich immer lieber auf seine körperliche Kraft. 55 Siege im Einzelzeitfahren im Laufe seiner Karriere zeugen davon. „2010, als ich an der Muur [van Geraardsbergen, Flandern-Rundfahrt] attackierte, habe ich beschleunigt. Es war keine Absicht, es kam einfach so. Bei der Flandern-Rundfahrt 2013 war es einfach – wusch. Bei Roubaix 2010 wusste ich nicht mal, wo Tom Boonen war, ich schaute mich um und, peng, bin ich einfach gegangen“, sagt er.

Diese Siege plus einige andere ragen heraus, selbst aus einem Palmarès, der so glitzernd ist wie der von Cancellara. Einigen Fahrern gelingt eine Heldentat, die in den Kanon des Radsports eingeht, anderen vielleicht zwei oder drei. Mark Cavendish hat sein Mailand – San Remo 2009; Chris Froome hat den Ventoux 2013 oder Pierre Saint Martin 2015. Cancellara hat einen ganzen Katalog: die Zeitfahr-WM 2006, den Tour-Prolog 2007, die Tour-Etappe 2007 in Compiègne (er attackierte die Sprinter auf dem letzten Kilometer), das olympische Straßenrennen 2008 (kein Sieg, aber seine Aufholjagd, um mit der Spitzengruppe ins Ziel zu kommen, war Cancellara in Bestform), das Flandern-Roubaix-Double 2010, E3 2011 (zwei Defekte, dann eine infernalische Aufholjagd, Anschluss, Attacke und Solo ins Ziel), die Flandern- und Roubaix-Niederlagen 2011 (wo er physisch besser denn je fuhr) und die „Ronde“ 2013. „Das bin eben ich. Das ist meine Person, meine Kapazität“, erklärt er. „Siege sind alle unterschiedlich und besonders und einzigartig. Nichts gegen Cavendish, aber seine Siege sind Sprints. Natürlich hat er San Remo auf schöne Art gewonnen, aber Sprints – da trainierst du, und bumm, du gewinnst. Nichts gegen Sprinter – oder Kletterer. Aber schau mich an: Roubaix, Compiègne im Gelben Trikot, die Olympischen Spiele. Ich fahre nicht, damit es schön ist, aber ich bin ein Krieger, ein Gladiator. Ich habe viele Rennen auf viele verschiedene Arten gewonnen.

Die Flandern-Rundfahrt [2010] ragt als Perfektion heraus. Aber Mailand – San Remo [2008] war Perfektion und anders. Oder die 50-Kilometer-Attacke bei Paris – Roubaix oder drei Weltmeisterschaften und dann war ich 2010 in Geelong und …peng!“ Er knallt auf den Tisch und das Kakaoglas scheppert auf der Untertasse. „Ich hatte bei einigen Dingen das Glück auf meiner Seite. Aber es ist mir nicht in den Schoß gefallen – ich habe auch hart gearbeitet. Ich war jahrelang ein großer Egoist. Aber das ist meine letzte Chance und ich genieße es. Das wird keine Abschiedssaison. Es wird keine Performance. Ich bin seit 2006, 2004 auf höchstem Niveau und ich könnte weitermachen – mein Körper wird nicht nein sagen. Aber der Radsport ist nicht mein Leben, er ist meine Leidenschaft. Das Leben besteht nicht nur daraus, 250 Tage im Jahr auf Reisen zu sein und Rennen zu gewinnen.“

Ich frage Cancellara, ob er Angst vor den jüngeren Rivalen hat, mit denen er es in seiner letzten Saison zu tun bekommt, und er lacht, so lächerlich findet er das. „Nein. Sie sollten Angst haben!“



Cover Procycling Ausgabe 146

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 146.

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