„Ich will alle Klassiker gewinnen.“

Was hat Philippe Gilbert noch zu beweisen? Nach einem Weltmeistertitel, drei Monumenten und neun Grand-Tour-Etappen unter 60 Profi-Siegen sollte man denken: nicht sehr viel. Doch der Siegeshunger des BMC-Kapitäns ist so groß wie eh und je. Um seinen Platz in der Geschichte zu zementieren, will er seinen Palmarès weiter ausbauen. Er glaubt, sogar bei Paris – Roubaix etwas ausrichten zu können. „Ich will alle Klassiker gewinnen“, sagt er uns. Aber wie realistisch sind seine Ambitionen mit 33 Jahren?

 
 

Letztes Jahr im November sagte Philippe Gilbert einer belgischen Zeitung, dass er seine Topform bei den hügeligen Klassikern, vor allem seinem geliebten Lüttich – Bastogne – Lüttich, opfern würde, um Chancen bei der Flandern-Rundfahrt und Paris – Roubaix zu haben. Die Bemerkung ging den BMC-Managern offenbar gegen den Strich. Um das Gleichgewicht zwischen Gilbert und ihrem anderen Klassiker-Spezialisten Greg Van Avermaet nicht zu gefährden, stellten sie umgehend klar, dass die Pläne des Teams – wie in den letzten zwei Jahren – Van Avermaet als unumstrittenen Kapitän für die flämischen Klassiker und Gilbert als Meister in den Ardennen vorsehen würden. BMC-Sportdirektor Valerio Piva wurde beauftragt, mit Gilbert zu Mittag zu essen und ihn freundlich an dieses Programm zu erinnern. Diese Anekdote wurde beim BMC-Trainingslager im Dezember 2014 vom Sportmanager des Teams, Allan Peiper, erzählt. Mit seinem trockenen Lächeln gab er zu verstehen, dass der Enthusiasmus von Gilbert – obwohl der auf Mitte 30 zugeht – regelmäßig  gebremst werden müsse. Immerhin sei er Radrennfahrer durch und durch, so Peiper, und habe einen unstillbaren Hunger, Rennen zu fahren und zu gewinnen.Gilbert hat eine gesunde Portion Schalk im Nacken. Und Temperament. Wenn ihn etwas aufregt, macht er seinem Ärger Luft. In diesem Sommer nahm er in den belgischen Medien wieder kein Blatt vor den Mund, als er nicht wusste, ob er für die Tour de France nominiert würde.„Fragen Sie doch Jim Ochowicz“, schnaubte er den Het Laatste Nieuws-Reporter bei der Tour de Suisse an. „Es ist schwer, sich zu motivieren, wenn man sein Programm nicht kennt. Ich hoffe, ich habe nichts mehr zu beweisen. Wenn sie [die BMC-Manager] noch überzeugende Resultate brauchen, fände ich das enttäuschend“, fügte er hinzu, bevor er auf zwei brillant herausgefahrene Etappensiege beim diesjährigen Giro verwies – für ihn Beweis genug für seine Form und Motivation. Zu jenem Zeitpunkt hatte er sogar die Unterstützung von Piva. Drei Tage später bekam er die Antwort – es war nicht die, die er wollte. Zum zweiten Mal in Folge schickte ihn sein Team nicht zur Tour; stattdessen sollte er sich Zeit nehmen, eine Knieverletzung von einem Sturz beim Flèche Wallonne im April untersuchen, behandeln und endlich ausheilen zu lassen.
Als er sich am Vorabend der Eneco Tour im nordholländischen Friesland mit Procycling zusammensetzte, war Gilbert trotzdem froh, die Tour ausgelassen und das Knie – eine kleine Fraktur des Schienbeinkopfes – auskuriert zu haben, so attraktiv die erste Woche der Tour für einen Fahrer seines Kalibers und seiner Qualitäten auch gewesen sein mag. „Es waren wirklich schlechte Neuigkeiten, als wir das feststellten, aber gleichzeitig war ich sehr froh, dass wir die Ursache für die Schmerzen gefunden hatten“, sagte er. „Ich konnte immer fahren, doch es gab keinen Tag ohne Schmerzen. Es ließ mir keine Ruhe und ich musste ständig zur Massage oder zum Chiropraktiker“, fügt er hinzu. Vor allem aber sei er durch die Zwangspause frisch für die letzte Hälfte der Saison geblieben, betonte er. So sprachen seine letzten Resultate denn auch für sich: Vor der Eneco Tour meldete er sich mit einem Sieg beim GP Pino Cerami in Belgien zurück und legte einen Etappensieg bei der Tour de Wallonie nach. Sein zweiter Platz bei der Clásica San Sebastián gegen ein Feld von Tour-gestählten Fahrern war ein noch besserer Hinweis darauf, wie gut er – mental und physisch – für den Rest der Saison aufgelegt war. Nach dem Juli führen die meisten Wege natürlich zur Weltmeisterschaft. Und in diesem Jahr auf einen 16,2 Kilometer langen Rundkurs, auf dem Gilbert eine gute Chance zu haben schien, sich nach seiner 2012 in Valkenburg gewonnenen Goldmedaille eine zweite umhängen zu lassen. Die Route hatte es ihm schon zu Beginn des Jahres angetan. „Wenn ich weiß, dass ich einen schönen Rundkurs habe, motiviert es mich immer“, sagt er. „Ich habe versucht, meine Saison im Hinblick darauf zu gestalten – und mir etwas Munition und Frische aufzusparen. Am Ende der Saison musst du physisch und mental frisch sein“, sagt er.

Gilbert ist durchdrungen von der Tradition der Weltmeisterschaften und mag diese Woche des Jahres ganz besonders. Teils liegt das an seinem dort erzielten Erfolg – sein Sieg auf dem Parcours in Valkenburg ist sein Lieblingsresultat –, aber auch an der starken Bilanz Belgiens. „Wir sind ein Land mit vielen Spezialisten für Eintagesrennen“, sagt er. „Wir alle lieben diese Rennen: Van Avermaet, Boonen, ich und sogar die jüngeren Fahrer – ich sehe, dass auch sie das schon mögen“, sagt er. „Ich glaube, Belgien wird bei jeder Weltmeisterschaft immer Mitfavorit sein, weil alle wissen, dass die Weltmeisterschaften ein Teil der Geschichte des belgischen Radsports sind.“ Die Stärke des belgischen Teams liegt auch in seiner Tiefe, glaubt er. „Es ist leichter, wenn du an den Start gehst, weil die anderen Teams nicht wissen, welche Karte du ausspielen wirst“, erklärt er. „Wie beim Finale in Valkenburg, wo ich gewonnen habe. Boonen war drei Kilometer vor dem Ziel am Fuß des Cauberg zur Stelle. Da waren vier belgische Fahrer auf dem Cauberg unter den ersten fünf. Die anderen wussten nicht, auf wen sie achten sollten. „Letztendlich ist es schön, wenn du gewinnst, aber wenn einer deiner Teamkollegen gewinnt, ist es auch schön. Ich habe beide Erfahrungen gemacht – ich war in der Mannschaft, als Boonen Weltmeister wurde. Das war die Erfahrung, die ich zuerst gemacht habe, und ich war sehr stolz, Teil des Teams zu sein. Damals waren es zwölf Fahrer, also eine noch größere Gruppe – und eine noch größere Party!“, sagt er lachend. In diesem Jahr fiel die belgische Feier wohl verhaltener aus. Beim Sieg von Peter Sagan landete Gilbert als bester Fahrer seines Landes auf dem 10. Rang, Van Avermaet wurde 23. Beide kamen allerdings nur drei Sekunden nach dem Slowaken ins Ziel.
 
Blickt man auf seine 13-jährige Karriere zurück, so war Gilberts Aufstieg ein langsamer und relativ gleichmäßiger. In den sechs Jahren unter Marc Madiots Fittichen bei Française des Jeux mauserte er sich zu einem spannenden Puncheur und Spezialisten für Eintagesrennen. 2009 zementierte er in den Farben von Silence-Lotto mit vier Siegen in zehn Tagen, darunter seinem ersten Erfolg bei der Lombardei-Rundfahrt, seine Position als Top-Klassiker-Jäger und Mann für die zweite Hälfte der Saison. 2011 war dann das Jahr, das Gilberts Stern ganz hoch aufgehen ließ und zeigte, dass alle Erwartungen gerechtfertigt waren. Das Frühjahr allein war monolithisch: Strade Bianche, Pfeil von Brabant, Amstel Gold Race, Flèche Wallonne und Lüttich – Bastogne – Lüttich. Er gewann als zweiter Fahrer in der Geschichte alle drei Ardennen-Klassiker in einem Jahr. Noch gar nicht erwähnt sind dabei die Belgien-Rundfahrt, die belgische Straßenmeisterschaft, eine Tour-Etappe, die Clásica San Sebastián, der GP de Québec und die acht kleineren Rennen in dem Jahr, die seine Bilanz auf 18 Siege schraubten. In den sieben Jahren, seit die moderne, zugegebenermaßen problematische WorldTour-Wertung eingeführt wurde, erreichte Gilbert – als Eintages-Spezialist – die größte Punkteausbeute in einer Saison: 718.
 
Trotzdem bleibt es sein Ziel, als erster Fahrer seit Roger De Vlaeminck 1977 die Kollektion an Monumenten komplett zu machen. „Das sage ich seit Jahren. Mein Traum ist noch immer, alle Klassiker zu gewinnen. Ich habe viele von ihnen gewonnen und weiß, wie schwer sie sind.“ Unter den aktiven Fahrern, die mehrere Monumente auf ihrem Konto haben – was derzeit nur sieben sind –, ist er der einzige, der immer noch glaubt, sie alle für sich entscheiden zu können. Andere in seiner Generation, die einst ebenfalls diese Hoffnung gehegt haben mögen – Fabian Cancellara und ganz zu Beginn seiner Karriere Tom Boonen –, haben den Traum aufgegeben und sich stattdessen darauf konzentriert, ihr jeweiliges Alleinstellungsmerkmal in einem hyperspezialisierten Peloton zur Geltung zu bringen. Nicht so Gilbert. Er versichert, dass er immer noch die Qualitäten und Charakteristika hat, um gegen die Schwergewichte bestehen zu können, die sich vom nordfranzösischen Kopfsteinpflaster angezogen fühlen. „Wenn ich die Rennen im Fernsehen verfolge, bin ich sicher: Wenn ich bei Roubaix starten würde, müsste ich mich hinter diesen Jungs nicht verstecken“, sagt er uns nachdrücklich. „Ich habe vielleicht nicht die Erfahrung, aber wenn du dir die letzten zehn Austragungen im Fernsehen anschaust, bekommst du schon viel mit, und wenn du ein paar Mal teilnimmst und übst, hast du die nötige Technik ziemlich schnell drauf.“ Die überraschende Muskulosität von Gilbert, seine enorme aerobe Fitness und eine außergewöhnliche Laktattoleranz könnten bedeuten, dass Morphologie nicht der limitierende Faktor ist. Mit seinem kräftigen Nacken und sich wölbenden Bizeps steht Gilbert auf dem Kletterer-Rouleur-Kontinuum zwischen Joaquim Rodríguez und Tom Boonen – was seine Behauptung, ein echter Herausforderer zu sein, durchaus glaubwürdig macht. Weniger überzeugend hingegen ist seine Versicherung, dass es einfach sei, sich auf dem Kopfsteinpflaster die nötige Technik anzueignen. „Ich bin gut auf dem Pavé“, sagt er, „aber ich bin in den letzten vier oder fünf Jahren nicht viel darauf gefahren. Doch wenn ich es täte, würden zehn gezielte Trainings-Sessions bestimmt ausreichen.“

 

Bei der Flandern-Rundfahrt und Mailand – San Remo hat er gute Referenzen vorzuweisen, war bei ersterem Rennen zweimal auf dem Podium und bei letzterem einmal. Seine Erfolgsbilanz bei allen Monumenten ist wohl die beste im aktiven Peloton: Er hat bei vieren auf dem Podium gestanden. Andererseits hat sein Teamkollege Van Avermaet im Schnitt höhere Platzierungen erzielt, wenn man Roubaix mitrechnet. Ob „Gilbert, Paris – Roubaix-Sieger“ heute einer kritischen Analyse standhält, ist die Frage. Seine Bilanz in der Hölle des Nordens beschränkt sich auf eine einzige Teilnahme im Jahr 2007, noch in den Farben von Française des Jeux, als er 52. wurde. Trotzdem scheint er wirklich zu glauben, dass er das Zeug dazu hat. Sollten wir uns darauf gefasst machen, dass der Wallone 2016 in Compiègne an den Start geht? Für seinen Traum braucht er, wie er zugibt, die Unterstützung des BMC-Managements und es ist nicht garantiert, dass er seinen Willen bekommt. „Das ist natürlich mein Wunsch, aber ich entscheide das nicht allein. Aber ich werde sie auf jeden Fall darum bitten“, sagt er. BMC ist darauf bereits vorbereitet. Bei der Großbritannien-Rundfahrt sagte BMC-Sportdirektor Valerio Piva, dass er eine weitere Diskussion mit Gilbert in diesem Winter über sein Programm vorweggenommen habe. „Er träumt davon, wieder bei den Kopfsteinpflaster-Klassikern zu starten, aber ehrlich – dafür musst du mehr als 100 Prozent in Form sein. Um dich auf die Flandern-Rundfahrt vorzubereiten, musst du die anderen Rennen wie Harelbeke fahren, und dann verpasst du die Vorbereitung auf die Ardennen-Klassiker. Ich glaube, diese Rennen sind besser für ihn“, gab Piva zu bedenken. Man hat das Gefühl, dass Gilberts einst unbestrittene Stellung bei BMC – sein seit 2011 geltender Status als Belgiens wohl beliebtestem und sicherlich spannendstem Fahrer – nicht mehr so stark ist, dass er fahren könnte, wo und wann es ihm gefällt. Das Team hat dem ultrabeständigen, zugänglichen und vor allem drei Jahre jüngeren Greg Van Avermaet in diesem Jahr zweimal den Vorzug gegeben. Obwohl der Palmarès der beiden nicht vergleichbar ist, war es Van Avermaet, auf den das US-Team in diesem Jahr bei den flämischen Klassikern setzte und den sie auch mit zur Tour nahmen – beides hatte Gilbert fahren wollen.
 
Der Waffenstillstand, der zwischen den beiden existiert, ist oft Gegenstand von Spekulationen, insbesondere in der belgischen Presse. Die Programme der beiden seien bewusst so gestaltet, schrieb Sporza Anfang des Jahres, dass sie nicht zusammen fahren. In Wirklichkeit ist die Grenzziehung jedoch nicht annähernd so deutlich wie die dicke schwarze Linie, die zwischen Chris Froome und Bradley Wiggins gezogen wurde, als beide bei Sky waren. Gilbert und Van Avermaet bestritten im letzten Jahr vier Etappenrennen zusammen und es gab einige Überschneidungen bei Omloop Het Nieuwsblad, Mailand – San Remo, Amstel Gold Race und anderswo. In diesem Jahr ist das Muster fast identisch. Doch zuletzt 2010 nahmen die beiden zusammen – für Omega Pharma – Lotto – an einer großen Rundfahrt teil: der damaligen Vuelta. Piva hält die Beziehung zwischen den beiden Fahrern für neutral. „Natürlich sind sie nicht die besten Freunde, aber sie bekämpfen sich auch nicht“, sagt er und begründet die Trennung damit, dass sie ähnliche Fahrer sind, die um die Vorrangstellung an der Spitze des Teams konkurrieren. „Sie sind zwei Fahrer mit den gleichen Charakteristika: der gleiche Fahrer für das gleiche Rennen. Es ist manchmal schwer, sie beide in ein Rennen zu schicken, wenn sie beide in Topform sind“, räumt er ein. „Dann müssen wir als Sportdirektoren einen guten Kompromiss finden.“ Allerdings könne sich das Paar in einem Team auch ergänzen, fügt er hinzu. „Wenn du die beiden Jungs zusammen hast, kann das Team natürlich stärker sein – aber das muss vorab auf den Tisch kommen und geplant sein.“

Spricht man länger mit Piva, wird das Image von Gilbert, dem Unruhestifter, verstärkt – immerhin ist er der Junge, der die Schule schwänzte, um sich den Flèche Wallonne an der Mur de Huy anzuschauen. „Er hat gerne eine gute Stimmung im Team und albert herum, doch manchmal übertreibt er es ein bisschen“, fügt Piva hinzu. „Es ist wie in der Schule, wo man manchmal ‚stopp‘ sagen muss. Aber das ist normal – das sind junge Leute.“ Allerdings müsse er sie nicht ständig disziplinieren, sagt Piva. „Ich habe kein besonderes Verhältnis zu ihm und bin nicht sein bester Freund. Aber wir respektieren einander und er hört sich an, was ich zu sagen habe. Wenn er sich auf ein Rennen konzentriert, dann zu 100 Prozent. Er ist entspannter und zu Späßen aufgelegt, wenn ein Rennen für ihn nicht so wichtig ist.“ Gilbert hat nicht immer den Witzbold gespielt. Aufgrund seiner langen Karriere und des schieren Ausmaßes seiner Erfolge hören ihm die Leute zu, wenn er etwas sagt. Im März 2011 wurde er in die Athletenkommission der UCI gewählt, die gegründet wurde, damit Fahrer aus allen Disziplinen ihre Anliegen gegenüber dem Weltverband vertreten können. Lange hat er sich damit jedoch nicht aufgehalten. Als die E-Mail-Ketten zu lang und Fortschritte im Gletschertempo gemacht wurden, trat er von dem Posten zurück. „Ich habe auch viel Zeit mit Bernhard Eisel verbracht, der sich sehr engagiert hat, aber schließlich habe ich aufgehört, weil sich nichts geändert hat“, erklärt er. Der Radsport kommt zuerst. „Ich bin zu allererst Fahrer und mein Job ist es, Werbung für BMC zu machen und ihnen zu helfen, Räder zu verkaufen – hoffentlich!“

Gilbert selbst hätte zu Beginn seiner Karriere nie gedacht, dass er es einmal so weit bringen würde; sich nie vorstellen können, dass er eines Tages die Weltmeisterschaft, Lüttich – Bastogne – Lüttich, zweimal die Lombardei-Rundfahrt, dreimal das Amstel Gold Race und neun Grand-Tour-Etappen sowie unzählige andere Rennen und einen WorldTour-Titel gewinnen würde. „Ich habe mittlerweile einen ganz hübschen Palmarès“, sagt er bescheiden. „Als ich jünger war, hätte ich mir das nicht mal erhofft. Jetzt bin ich sehr stolz auf das, was ich erreicht habe – doch ich glaube, es werden noch ein paar hübsche Siege dazukommen. Dann bin ich zufrieden. Ich will immer mehr!“ Neben den Klassikern gibt es ein attraktives Ziel, das Gilbert im nächsten Sommer im Visier hat: das olympische Straßenrennen. „Wenn du mich fragst, fehlt mir etwas in meinem Palmarès“, sagt er ernst. „Eine Medaille bei den Olympischen Spielen. Das ist etwas Besonderes. Du kannst Leute aus anderen Sportarten treffen und sagen, du hast eine Medaille in Athen oder London gewonnen, und sie verstehen, dass du wichtig bist, aber wenn du sagst, du hast Lüttich oder Flandern gewonnen, weiß die Öffentlichkeit nicht, was das ist – das ist nur was für die richtigen Fans.“ Der Weg nach Rio ist einer, der eine gewisse Chance bietet, selbst wenn er sich vielleicht insgeheim wünscht, dass die Organisatoren die Ziellinie irgendwo auf einem der kurzen, knackigen Anstiege gezogen hätten, mit denen der Kurs gespickt ist, und nicht nach 15 flachen Kilometern am Strand von Copacabana. Doch für jemanden, der so viel Radsportgeschichte geschrieben hat und sich seines Platzes in den Jahrbüchern des Sports bewusst ist, könnte die Aussicht, als erster Belgier seit André Noyelle 1952 das olympische Straßenrennen zu gewinnen, genau der Ansporn sein, den er braucht. Die Zeit ist kurz – sowohl für Gilbert, was die Erfüllung seiner Träume angeht, als auch für unser Interview mit ihm. Und schon stieg er in ein Kanalboot, um sich zur Präsentation der Eneco Tour befördern zu lassen. Als alle seine Teamkollegen im Boot saßen, kam die andere Seite von Gilbert zum Vorschein: der ewige Spaßvogel … er konnte nicht anders, als es zum Schaukeln zu bringen.



Cover Procycling Ausgabe 141

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 141.

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