Insider – Der Letzte Feinschliff – Marcel Kittel

Endlich geht es los! Die Saison ist gestartet und überall auf dem Planeten werden schon fleißig Rennen gefahren. Während ich diese Zeilen schreibe, befinde ich mich gerade in unserer Teambasis im spanischen Alicante, direkt am Mittelmeer – der Januar stand für mich nämlich ganz klar im Zeichen der finalen Saisonvorbereitung.

 

Meine Trainingsaufenthalte im Süden waren dabei zweigeteilt: Beim ersten Besuch Anfang des Monats ging es vor allem darum, noch einmal an der Grundlagenausdauer und der Kraft zu arbeiten. Auch die Teampräsentation fand im Rahmen dieser Woche statt. Entsprechend unserer Ambitionen fiel diese sehr umfangreich aus und wir Fahrer standen den ganzen Tag im Fokus der Öffentlichkeit. Eine ziemlich tolle aber auch anstrengende Geschichte – am Abend war ich erschöpfter als nach manchem Training. Wie gut, dass danach eine Ruhewoche in der Heimat folgte. Die Pause zu Hause tat mir richtig gut – sowohl körperlich als auch mental. Schließlich sieht man die Familie während der Saison nicht allzu oft. Auch hatte ich nun wieder volle Energiespeicher für den zweiten Aufenthalt in Alicante.

Jetzt galt es, sich richtig wehzutun, stark in die Pedale zu treten und den Körper mit harten Belastungen auf das vorzubereiten, was ihn in den nächsten Monaten erwarten wird: Rennen fahren. Eines kann ich euch sagen: Spaß ist anders. Wenn du ein Intervall nach dem anderen abspulst, freust du dich richtig auf das bequeme Bett im Hotel. Gleichzeitig gilt natürlich auch: Je näher das erste Rennen rückt, desto mehr kommt das Kribbeln auf, es den anderen gleichzutun und endlich in die Saison zu gehen. Der Spannungsbogen steigt mit jedem Tag!

Vor allem, wenn man nach dem Training schon die Rennberichte von der anderen Seite des Planeten verfolgen kann. Natürlich beobachte ich die Tour Down Under intensiv. Zum einen sieht man dort schon ein bisschen, wie die Sprintzüge der neu zusammengestellten Mannschaften funktionieren, zum anderen erkennt man, wer über den Winter nicht faul war und sich gut vorbereitet hat. Das gilt vor allem für André [Greipel], der der Rundfahrt mit seinen Erfolgen definitiv seinen Stempel aufgedrückt hat. 
 
Wenn ihr dieses Heft aufschlagt, habe natürlich auch ich schon einige Renntage in den Beinen. Meine ersten beiden Rennen werden dabei der Étoile de Bessèges und die Tour of Oman sein. Beide Rundfahrten sind zwar nicht komplett flach, aber dennoch gibt es einige Etappen, die uns Sprintern entgegenkommen sollten. Ich persönlich mache mir für meinen Saisoneinstieg aber keinen Stress: Mein wunsch ist es, einfach gut zu starten und konkurrenzfähig zu sein. Momentan fühle ich mich gut – von daher wird das schon klappen. Bei den Sprints möchte ich natürlich vorne mitmischen – mal sehen, vielleicht klappt es ja schon im Februar mit einem Sieg. Nach den beiden Rundfahrten wird man jedenfalls mit Sicherheit wissen, wie das Kräfteverhältnis im Peloton 2012 aussieht.

Ein anderes Thema von dem ich euch noch berichten möchte, sind natürlich die Wildcards, die in den letzten Wochen vergeben wurden: Unser Team konnte sich unter anderem über die Startplätze bei Paris-Nizza und der Flandern-Rundfahrt freuen. Eine gute Sache, die meiner Meinung nach zeigt, dass unsere Bemühungen sehr positiv wahrgenommen und anerkannt werden. Jetzt gilt es, das Beste für Tour und Vuelta zu hoffen. Ob wir Glück hatten und wie mein Saisoneinstieg verlaufen ist – davon berichte ich euch beim nächsten Mal!
 
Marcel Kittels Profi-Karriere startete Anfang 2011 bei Skil-Shimano. Mit 17 Siegen war der 23-Jährige erfolgreichster deutscher Sprinter der vergangenen Saison. Dieses Jahr wird er in jeder Ausgabe von seinem Rennalltag berichten.

 


Cover Procycling Ausgabe 97

Den vollständingen Artikel finden Sie in Procycling Ausgabe 97.

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